Der Sommer hat doch Meer zu bieten by Barbara Erlenkamp

Der Sommer hat doch Meer zu bieten by Barbara Erlenkamp

Autor:Barbara Erlenkamp [Erlenkamp, Barbara]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-7325-8947-0
Herausgeber: beHEARTBEAT
veröffentlicht: 2021-02-08T00:00:00+00:00


Nacht über dem Meer

Es war eine dieser Nächte, in denen nicht einmal der Mond hervorkam, um die Wellen zu beleuchten. Keine Sterne, kein Mond, nur eine undurchdringliche, schlammtrübe Wolkendecke.

Julia saß auf dem Sofa, eingewickelt in ihr Bettzeug. Sie fand nicht in den Schlaf. Eine kleine Kerze auf dem Tisch ließ mit ihrem warmen Schein die Schatten im Zimmer noch schwärzer aussehen.

Was hatte es für einen Sinn, sich mit krampfhaft geschlossenen Augen hin und her zu wälzen, in der Hoffnung, man würde einschlafen? Besser war es doch, wach und mit offenen Augen in die Nacht zu starren und sich den Gedanken zu stellen, bevor sie im Halbschlaf zu Grübeleien wurden, groß und schwer wie Felsklötze.

Es war Zeit, eine Entscheidung zu treffen.

Hier in Sulzhagen auf dem Darß hatte sie sich in den letzten Wochen wohlgefühlt. Das war mehr als nur ein Urlaub, eine Auszeit gewesen. Sie hatten in der kurzen Zeit Menschen wie Madeleine und Klara kennengelernt. Als kleine Mädchen hätten wir uns schon nach zwei Tagen als beste Freundinnen bezeichnet, dachte Julia. Nein, keine Frage, Madeleine und Klara standen klar auf der Habenseite von Sulzhagen. Madeleine, Klara und natürlich Alexander. Er verdiente sogar einen ganz besonderen Platz auf der Habenseite, sozusagen ein Plus mit Sternchen.

Und dann war da Föckenrath, das ungeliebte Föckenrath. Da waren Sandra und drei oder vier Freundinnen und Bekannte aus Studienzeiten. Und natürlich wäre sie näher bei Nele. Nele. Ihre Weigerung, wieder in Föckenrath einzuziehen, hatte den Stein überhaupt ins Rollen gebracht. Ihre Tochter war es, um die ihre Gedanken jetzt kreisten, wieder und wieder.

Auf einmal wusste sie, warum sie in den letzten Wochen keine Entscheidung getroffen hatte, warum sie sich um die Frage nach dem »wie geht es weiter« gedrückt hatte. Ich wollte Nele nicht vor den Kopf stoßen, ihr nicht ihr Zuhause nehmen, wenn sie es bei Hannes nicht mehr aushält, dachte Julia. Aber jetzt, wo Nele selber entschieden hatte, dass sie auf keinen Fall wieder in Föckenrath wohnen wollte – was hielt sie da noch im Rheinland? Nichts, gar nichts.

Ich werde mich anstrengen, Brücken bauen, Nele alle Wege zu mir freihalten, aber dafür muss ich nicht in Föckenrath wohnen. Was für eine befreiende Erkenntnis.

Anker werfen, Segel setzen. Es wird Zeit, dass ich mein Segel setze und woanders den Anker werfe – mit diesem Gedanken im Kopf pustete Julia die Kerze aus, legte sich hin und war schon wenige Augenblick später eingeschlafen.



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